Wissens-Salon Nachschau: Der Apfel – analysiert

26. November 2020

Kaum eine Frucht ist in der Steiermark präsenter als der Apfel, zählt er doch – neben Kürbis, Käferbohnen oder Kren – zu den typischen, steirischen Lebensmitteln. Da es sich hierbei nicht nur um ein optisch schönes sowie altbekanntes Obst handelt, sondern auch um einen gesunden Energie- und Nährstofflieferanten, drehte sich bei dieser Diskussionsrunde alles um den Apfel. Von unterschiedlichen Gesichtspunkten ausgehend betrachtet, erzählten die vier Expertinnen und Experten alles Wissenswerte rund um Anbau-, Verarbeitungs- und Ernährungsaspekte dieser historisch geprägten Frucht. Andere Besonderheiten des Apfels sind die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe, die für unterschiedlichste Funktionen im Obst, angefangen von der Farbe bis zur Abwehr von Schädlingen, verantwortlich sind und besondere gesundheitliche Vorteile bieten können.

Die eingeladenen Expertinnen und Experten zu diesem Thema:

Die Moderation wird von Werner Ranacher übernommen.

Nachschau der Diskussion

1 -Vorstellung der Diskutierenden und Grundsätzliches über den Apfel

2 – Welche Inhaltstoffe bestimmen den Geschmack des Apfels?

3 – Wie lange kann man einen Apfel lagern und wann schmeckt er am besten?

4 – Soll ich Bio-Äpfel essen und was bedeutet es, wenn mein Apfel nicht braun wird?

5 – Ist naturtrüber Apfelsaft wirklich gesünder und wie klärt man Saft

6 – Geschmackstraining seit der Kindheit und die richtige Sorte für Apfelstrudel

7 – Schlussworte der Diskutierenden über den Apfel

Ernährungswissenschaft und Pomologie (Obstbaukunde) sind sich einig: Der Apfel ist reich an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen – Vitamin C, Antioxidantien, Pektin oder sekundäre Pflanzenstoffe, inklusive wertvoller Polyphenole, um nur ein paar Vertreter der Vitalstoffe des Apfels zu nennen. Die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Marlies Hörmann-Wallner unterstreicht dies auch in der Beantwortung der Teilnehmerfragen. Zur Verdauungsförderung, Immunsystemstärkung oder Krebsvorsorge tragen der Apfel und naturbelassene Erzeugnisse aus dem Apfel jedenfalls positiv bei. Ernährungswissenschaftlich gesichert ist jedenfalls: „Der Apfel kann viele gesundheitliche Aktivitäten in unserem Körper beflügeln. Der frische Apfel, naturtrüber Apfelsaft oder Apfelessig können dazu beitragen, die Blutfettwerte zu senken, Gewicht zu reduzieren, bei Diabetes mellitus helfen, Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko senken und außerdem die Krebsentwicklung verringern“, berichtet die Ernährungswissenschaftlerin.

Pomologe und Apfelspezialist Mag. Alois Wilfing weist darauf hin, dass die Qualität und der Nährstoffgehalt eines Apfels sehr stark auch von der Lagerung und Lagerzeit nach der Ernte abhängen, denn neben der richtigen Pflückreife kommt es zusätzlich auch auf die Beachtung der Genussreife und die Raumbedingungen während der Lagerung an. Am besten sei es, den Apfel immer frisch zu liefern und zu verwerten und nur bei Bedarf in einem geeigneten Keller zu lagern. Da private Haushalte immer seltener eine natürliche Lagerung ermöglichen, leidet darunter auch die ernährungsphysiologische Wertigkeit der verzehrten Äpfel. Der Pomologe betont zudem, wie wichtig die Sortenvielfalt ist, diese in den vergangenen Jahrzehnten jedoch unter der Konzentration auf wenige Apfelsorten gelitten hat. Man habe außerdem zu sehr versucht, den Kunden optisch makellose Äpfel zu bieten und die hervorstechenden Geschmacksnoten der im Apfel enthaltenen Antioxidantien aus den Apfelsorten herauszuzüchten. Dadurch seien zwar schöne und mild schmeckende, aber auch nährstoffärmere Äpfel, die zudem weniger Säure, Würze und Zucker aufweisen, das Resultat gewesen. „Perfekte Äpfel ohne Makel müssen nicht sein“, bringt es Wilfling auf den Punkt.

Unter anderem der Erforschung des Apfels verschrieben hat sich auch Prof. Michael Murkovic. Ist denn ein Apfel vom Baum immer gesund und frei von schädlichen Stoffen? „Grundsätzlich kann man einen Apfel auch vom Baum essen, wenn der Baum in einer guten Gegend steht und der Apfel in Ordnung ist“, so Murkovic. Man könne zwar durch die in den Kernen enthaltenen Stoffe, die zu Blausäure abgebaut werden, bedenkliche Stoffe zu ich nehmen, die zu verzehrende Menge aber sei so groß, dass man davor wohl Diabetes entwickeln würde, scherzt er. Persönlich bevorzugt der Lebensmittelexperte Bio-Äpfel, wobei in der Diskussion auch betont wird, dass die Grenzwerte für Spritzmittel in Österreich in einem gesundheitlich unbedenklichen Bereich liegen.

Der Stellenwert der Apfels spiegelt sich auch in der Arbeit von Prof. Barbara Siegmund wieder, die am Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie (Fachbereich Sensorik) der TU Graz sogar Diplomarbeiten rund um den Apfel betreut. Sie erklärt eindrucksvoll, dass man das Geschmacksempfinden und sensorische Erlebnis in speziellen Schulungen schärfen kann, etwa um Apfelsorten oder Qualitätsparameter bestimmen zu können. Nach zirka vier bis sechs Monaten könne man sich auf die ausgebildeten Prüfpersonen weitestgehend verlassen. Zudem informiert die Lebensmittelchemikerin, welche Methoden es gibt, um einen Apfelsaft zu „klären“: Neben dem bekannten Filtern stehen hier zum Beispiel auch das Zentrifugieren oder Schönungsmittel, wie sie auch beim Wein verwendet werden, als Optionen zur Verfügung. Trotzdem betont Siegmund: „Naturtrüber Apfelsaft enthält mehr Polyphenole.“ Diese seien durch ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften höchst wertvoll und weisen außerdem antivirale Eigenschaften auf.

Rundum gesund und empfehlenswert also, der Apfel. Aber wie sieht es eigentlich mit der Lieblingsnachspeise der Österreicher, dem Apfelstrudel aus? Ist dieser auch gesund und welche Apfelsorte eignet sich dafür besonders? Dazu kommt die Diskussionsrunde zu folgender Conclusio: „Ja, auch die Äpfel im Apfelstrudel können noch gesundheitsförderlich sein, wenn der Strudel nicht zu viel Zucker enthält und der Apfel hohe Qualität hat. Am besten eignen sich die sogenannten Lederäpfel, etwa der besonders würzige Boskoop.“

Basis des Textes von Christian Pendl